In der Science Rubrik vom ORF ist kürzlich ein Artikel erschienen, welcher auf das Phänomen Long Covid durch Impfung eingeht. In Betroffenen Kreisen wird das Phänomen auch einfach kurz “Postvax” genannt.
Der ORF schreibt, dass die COVID Impfstoffe sehr gut vor schweren Krankheitsverläufen schützen würden und im Allgemeinem auch vor Long Covid. In einigen Fällen würden die Impfstoffe aber genau Gegenteiliges auslösen, nämlich Long Covid ähnliche Symptome, welche über Wochen und Monate andauern. Dazu berichtet der ORF von einer Betroffenen, welche schließlich Hilfe und erste Hinweise auf unserer Webseite und Selbsthilfeplattform fand.
Keine Meldung, kein Problem
Offizielle Zahlen zu diesem Phänomen gäbe es laut ORF Artikel nicht. Ähnlich sieht dies auch in Deutschland aus, da diese Art von Nebenwirkungen durch Ärzte viel zu selten an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldet werden. Diesen Umstand haben viele Betroffene am eigenen Leib erfahren. Wir befinden uns in einem Teufelskreis: Wenn keine konsequenten Meldungen durch die Ärzteschaft an die Behörden erfolgen, kann auch kein Risikosignal zu dieser Art Nebenwirkungen in den Daten entdeckt werden. Und so tauchen auch bis heute keinerlei Hinweise in den Sicherheitsberichten der Behörden zu dieser Art Nebenwirkung auf. Besonders erschwerend ist dabei, dass diese Art von Nebenwirkungen eben besonders diffus und schwer zu erfassen sind, wie auch Long Covid.
Berlin Cures und BC007
Der ORF interviewte in dem Beitrag den Forscher Dr. Gerd Wallukat. Dr. Wallukat forscht seit Jahrzehnten an sog. funktionellen/agonistischen Autoantikörpern. Diese funktionellen Autoantikörper werden aktuell als (mit)ursächlich für Long Covid nach Infektion diskutiert. Das Medikament BC007, entwickelt von Berlin Cures, vermag diese Autoantikörper zu neutralisieren und damit unschädlich zu machen. An der Uniklinik Erlangen wurden mit BC007 bereits erste erfolgreiche Heilversuche von Long Covid demonstriert. Aktuell laufen dort Vorbereitungen zu einer Phase 2a Medikamentenstudie, um BC007 für den Einsatz bei Long Covid kontrolliert zu untersuchen. Diese Studie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mitfinanziert.
Mehr Informationen über die bisherigen Forschungen und einen möglichen Zusammenhang zum Post-Vakzin-Syndrom wurde auf dieser Webseite bereits beleuchtet.
Long Covid durch Impfung?
“Dass Long-Covid-Symptome auch durch eine CoV-Impfung ausgelöst werden können, wie von der Selbsthilfeplattform behauptet, bestätigt der Molekularbiologe Gerd Wallukat von „Berlin Cures“ nicht. ”
(ORF Science, 2022)
Diese Aussage von Dr. Wallukat hat viele Betroffene stark verwundert:
Dr. Wallukat schreibt in seiner Veröffentlichung in Kooperation mit der Uniklinik Erlangen, dass es absolut notwendig wäre zu untersuchen, ob die speziellen funktionellen Autoantikörper auch nach Impfung gegen COVID auftreten können. Er begründet diesen Verdacht mit der möglichen autoreaktiven Natur des Spike Proteins. Das Spike Protein spielt bei allen in Deutschland verwendeten Impfstoffen die zentrale Rolle zur Immunisierung.
Im Wortlaut heißt es:
“The Sars-CoV-2 spike protein is a potential epitopic target for biomimicry-induced autoimmunological processes [25]. Therefore, we feel it will be extremely important to investigate whether GPCR-fAABs will also become detectable after immunisation by vaccination against the virus.”
Wallukat, 2021
Interessant wäre nun zu wissen, ob Berlin Cures/Dr. Wallukat mittlerweile über neue Daten und Informationen verfügen, welche diesen Verdacht hinfällig werden ließen.
Ebenso verwundert die Aussage von Dr. Wallukat, dass Long Covid ähnliche Symptome nicht durch die Impfung selbst ausgelöst werden könnten. Sein Kooperationspartner, die Uniklinik Erlangen, welche die Medikamentenstudie für BC007 durchführt, hält dies sehr wohl für möglich.
Prof. Mardin, leitender Oberarzt der Augenklinik UK Erlangen und der dortigen BC007 Forschung, erwähnte kürzlich in einem Vortrag über Long Covid, dass in seltenen Fällen auch die Impfung selbst Long Covid auslösen kann:
“Natürlich gibt es Patienten die Long Covid nach Impfungen im Einzelfall entwickelt haben. Das gibt es tatsächlich, weil nach Impfungen [….] der Körper einen Teil der Infektion durchmacht […], um sich zu immunisieren. Aber manche Patienten gehen tatsächlich auch in die Fehlheilungsrichtung”.
[Prof. Mardin – Das Auge als Fenster zu Long Covid – ab Minute 36]
Prof. Mardin betont, dass Impfungen weiterhin vor schweren Verläufen schützen und auch teilweise Long Covid verhindern könnten. Ebenso könne bei einigen Long Covid Patienten auch eine Impfung zur Besserung beitragen. Die Tatsache, dass in Einzelfällen Long Covid auch durch die Impfung selbst ausgelöst werden kann, wiederholt Prof. Mardin im MRD Sachsenradio einige Wochen später.
Die Aussage von Dr. Wallukat im Science ORF Artikel verwundert daher und ist auch für die Betroffenen besonders schädlich, da diese seit Monaten um jede medizinische Anerkennung verzweifelt ringen.
Vielleicht kann der ORF die hier aufgeführten Punkte erneut an Dr. Wallukat oder auch an Prof. Mardin herantragen, um ein Statement für die unterschiedlichen Aussagen zu erlangen.
Funktionelle Autoantikörper bei PostVax?
Auf unserer Webseite wurde bereits beschrieben, dass auch eine Beteiligung von funktionellen Autoantikörpern bei Beschwerden nach Impfung eine Rolle spielen könnten .
Natürlich ist es (noch) nicht bewiesen, dass funktionelle Autoantikörper tatsächlich bei den PostVax Beschwerden maßgeblich eine kausale Rolle spielen. Das Gegenteil ist aber ebenso noch vollkommen unklar und gehört systematisch erforscht.
Zahlreiche Betroffene berichten über positive Autoantikörperbefunde, was vorsichtig gesagt, zumindest sehr auffällig ist.
Laut ORF Science sieht Dr. Wallukat diesen Verdacht als unbegründet:
“Viele Menschen, die glauben, nach einer Impfung Long-Covid-artige Symptome zu entwickeln, würden der Firma Blutproben schicken, erzählt er gegenüber science.ORF.at. „Bei den allermeisten können wir aber keine Autoantikörper entdecken. Wir teilen deshalb die Interpretation der Selbsthilfeplattform nicht“, sagt Wallukat.”
(ORF Science, 2022)
Es wäre sehr interessant, wenn Berlin Cures die Daten dazu offenlegen könnte, wie man zu dieser Beurteilung kommt. Laut Berichten von Betroffenen erfasst Berlin Cures zudem bei Einsendung gar nicht systematisch, welche Verdachtsdiagnose gestellt wurde, also Long Covid oder PostVax.
Des Weiteren bearbeitet Berlin Cures auch nur einen Bruchteil der Gesamtproben, da viele Betroffene Ihr Blut bei anderen Speziallaboren auf die funktionellen Autoantikörper untersuchen lassen. Es hat sich mitterweile rumgesprochen, dass Berlin Cures unter dem Ansturm von Blutproben bereits eine Wartezeit von ca. 4 Monaten aufweist. Betroffene weichen daher auch auf die Labore von Cell Trend oder ERDE AAK Diagnostik aus.
Es wäre daher sehr sinnvoll, wenn der ORF auch diese Labore einmal zu der Thematik befragt.
Eine kurzerhand organisierte Umfrage im Forum, lässt ein erstes Stimmungsbild zu. Natürlich hat dieses Stimmungsbild keinerlei repräsentativen Anspruch. Dennoch lässt es einen Einblick zu, dass ein Großteil der Getesteten (ca. 90%) auch positive funktionelle Autoantikörper aufweisen. In der gesunden Bevölkerung treten diese Autoantikörper hingegen nur bei einem geringen Prozentsatz auf. (Wallukat, 2021)
Wir hoffen diese Zahl in Kürze in einer größer angelegten Umfrage zu validieren. Die Ergebnisse dieser Umfrage werden sehr gerne Forschenden zur Verfügung gestellt.
Einige Betroffene haben Ihre Autoantikörper Befunde zur Verfügung gestellt und sind am Ende dieses Beitrages zu finden.
Wie geht es weiter mit uns?
Wir PostVax Betroffene stellen uns sehr gerne für Untersuchungen und Studien zur Verfügung.
Eigentlich sollte man meinen, dass wir Betroffenen für die Wissenschaft immunologisch sehr interessant sein dürften, haben wir doch ähnliche, teils identische Beschwerden und Befunde wie Long Covid Patienten, ohne jedoch je einer Infektion ausgesetzt gewesen zu sein. Viele der Betroffenen haben dies über eine Nucleocapsid IgG Untersuchung nachgewiesen.
Wäre eine Untersuchung und der Vergleich von PostVax UND Long Covid Patienten daher nicht besonders wertvoll, um Rückschlüsse auf den Pathomechanismus ziehen zu können?
Statt Aussicht auf Studien zu haben und Interesse aus der Wissenschaft zu spüren, taumeln wir seit Monaten von Arzt zu Arzt, nur um zu hören, dass die üblichen Laboruntersuchungen ohne Befund sind. Immer wieder bekommen viele von uns die Diagnose psychosomatisch, was selbst weiteres Leid verursacht. Long Covid Ambulanzen sind in der Regel für uns ebenfalls tabu, haben wir doch keine nachgewiesene Infektion. Wir haben eher das Gegenteil nachgewiesen. Briefe an Stiko, PEI, Politiker, Ärztekammer oder auch das Bundesgesundheitsministerium mit hunderten Unterschriften von Betroffenen sind einfach unbeantwortet geblieben (!). Viele haben in den letzten Monaten versucht die Medien zu erreichen, was fast immer erfolglos blieb. Erst langsam erscheinen einige Berichte (z.b. ORF, Sience Magazine), wofür wir sehr dankbar sind.
Wir brauchen Öffentlichkeit für diese Problematik durch Medienberichte und Expertenaussagen, damit sie im Bewusstsein der Gesellschaft und Ärzte verankert wird und die Betroffenen zumindest eine Anerkennung Ihrer Krankheit erlangen. Ohne Anerkennung haben wir Betroffenen keine Möglichkeiten Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen: Krankenkassen lehnen notwendige Behandlungen ab, Ärzte schreiben einen nicht krank, Anträge auf Impfschäden werden abgelehnt.
Viele von uns sind nun seit vielen Monaten krank, teilweise komplett arbeitsunfähig. Es wird Zeit, dass wir endlich wahrgenommen werden und Hilfe bekommen.